Gallery exhibition - 2002
Shahryar Nashat
154 Days
  • Dates
    18 October 2002 - 7 December 2002
  • Artists
    Shahryar Nashat
Press Release

Ein Mann küsst eine Frau in einem weiten, leeren Raum. Wir sehen nur kurze fragmente von Bildern: Arme umschlingen einen steifen Körper, ausdruckslose, unbestimmte Blicke, oberflächliche Zärtlichkeiten.

Der Zeithorizont von „154 days“ beruht auf einer Stimme, die Briefe überfliegt, die an jemand anderen gerichtet sind. Jedem Tag entspricht ein Brief. Jeder Brief beginnt mit derselben Einleitung: my dearest .... Der Protagonist erklärt, wie er an einem versteckten Ort gefunden wurde und wie er dorthin gebracht wurde, und wo er sich zur Zeit befindet, als er diesen Brief schreibt. Über die Gründe seiner Gefangenschaft erfahren wir nicht viel mehr. Andererseits legt er seine Version der Wiederverarbeitung vergangener Ereignisse ausführlich dar: die Bedingungen unter welchen er gehalten wurde, sein Verhältnis zu Seinesgleichen und die Strategien, die er entwarf um auszubrechen.

Während die Hauptstimme die täglichen Briefe in monotoner Weise vorträgt, entsteht beim Betrachter ein stetig zunehmendes Gefühl von Verwirrung, das den Eindruck erweckt, Ton und Bild würden sich gegenseitig kurzschliessen. Die Systematisierung dieses möglichen Experiments wird auch dadurch nicht unterbrochen, dass die Projektion eine Grossaufnahme eines küssenden Paares zeigt. Die Kamera, die hoch oben schwebt, bewegt sich vorwärts und nähert sich dem Paar, stoppt plötzlich mit einer Nahaufnahme des Gesichts des Mannes, dreht sich langsam um ihn, während er ausdruckslos in die Kamera starrt, die sich ihrerseits wieder langsam nach oben wegdreht.

Shahryar Nashat untersucht Möglichkeiten der Zersplitterung und der Verdichtung in der literarischen Narration durch Video und Ton. „154 days“ erzählt die Geschichte eines gefangenen Menschen. Die Bilder eines apathisch anmutenden Kusses werden auf der Tonebene durch Fragmente aus Briefen begleitet, in denen ein emotionaler und soziokultureller Kontext offenkundig wird. Mittels sorgfältiger Kameraeinstellung, einer rhythmischen Erzählerweise und einer räumlich eingreifenden Installation führt Nashat den Zuschauer durch ein verwickeltes Environment der Gefühle und der literarischen Referenzen, wo sich Björk, Film Noir- Helden und Lucrezia Borgia auf eindrückliche Weise mischen und ergänzen.

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