Katharina Kemmerling
Loose Threats and Pleasure Objects
Press Release

It is said that humans are creatures of the land. But, we could imagine fostering a different interpretation. We carry an ocean inside. Our bodies are vessels that contain all organs, water and blood, but also millions of bacteria that help us to carry on with life. Watery as we are so many times we experience the waves that grow inside us, they take the form of moods or feelings that translate into movements of our organs. True, our posture, the fact that you see us standing or —these days too often seated in front of a screen— does not truly reveal the enormous amount of shapes and other forms and fluids that co-exist inside us. Oh! Actually we are carefully assembled but, formally speaking, a highly complex reality. Do you know that all these organs talk? Well, they talk without words, but they agree on what to do with „us“ after intense communication. Not very long ago, scientists found out that our guts are populated by cells that are similar to the ones the brain uses to produce thinking. So, our biochemical life indeed affects our ideas. Neuroscientists also found out that music interpreters are capable of listening through their fingertips. Only this way they could explain why some humans are capable of the highest form of synchronization between their hands and their ears. And so, little by little, the hierarchical ideas that ruled the description of the organs and their power roles —they all report to the brain, who ultimately is the president of the body—has turned our inner worlds into an assembly, complex, diverse and with collective decision makers.

The last works by artist Katharina Kemmerling present us with this universes of forms. In the exhibition we encounter three tapestries and three ceramic works, all but one entirely new works. The tapestries are the result of her artistic, formal and material research on the inner organs of our body. It all started during the first lockdown. Unable to access the workshop of our Institut (Institut Kunst, HGK, Basel), she started weaving the organs that all media were talking about. Covid-19 is a virus and the virus „attacks“ the organs. Uy! It is actually sad to hear how organs „fail“ in fighting the virus and the body could do nothing about it. She started gaining an interest in getting to know more about those organs and portrayed them and the intricate way they connect in her tapestries. Science then was united with the old-fashioned and highly tranquilizing exercise of knitting and her hands —like the hands of a piano virtuoso— wanted to connect with these inner senses. And the sculptures? The sculptures mirror the abstractness of these organs by relating to the large Magellanic cloud. I know! How many times these days we wish for escape and a world of light and stars and us floating around light and without masks even embraced to each other. Yes, all out there drinking together, laughing, in the immensity of a space where there are no viruses… Well, that’s just a mental image, but confess that space offers a wild scenario to imagine us just as party particles having eternal fun.

Es heißt, der Mensch sei ein Landtier. Aber wir könnten uns vorstellen, eine anderen Interpretation zu folgen. Wir tragen einen Ozean in uns. Unsere Körper sind Gefäße, die alle Organe, Wasser und Blut, aber auch Millionen von Bakterien enthalten, die uns helfen, das Leben weiterzuführen. So wasserreich wir sind, so oft erleben wir die Wellen, die in uns entstehen, in Form von Stimmungen oder Gefühlen, die sich in Bewegungen unserer Organe niederschlagen. Unsere Körperhaltung, die Tatsache, dass wir stehen oder - heute zu oft sitzend vor einem Bildschirm - zu sehen sind, offenbart nicht wirklich die enorme Menge an Formen und Flüssigkeiten, die in uns koexistieren. Oh! Eigentlich sind wir sorgfältig zusammengesetzt, aber formal gesehen eine hochkomplexe Realität. Wussten Sie, dass all diese Organe sprechen? Nun, sie sprechen ohne Worte, aber sie einigen sich nach intensiver Kommunikation darauf, was sie mit "uns" machen sollen. Vor nicht allzu langer Zeit fanden Wissenschaftler heraus, dass unsere Eingeweide von Zellen bevölkert werden, die jenen ähnlich sind, mit denen das Gehirn das Denken produziert. Unser biochemisches Leben beeinflusst also tatsächlich unsere Ideen. Neurowissenschaftler fanden auch heraus, dass Musikinterpreten in der Lage sind, durch ihre Fingerspitzen zu hören. Nur so konnten sie erklären, warum manche Menschen zu der höchsten Form der Synchronisation zwischen ihren Händen und ihren Ohren fähig sind. Und so wurde aus den hierarchischen Vorstellungen, die bei der Beschreibung der Organe und ihrer Machtrollen herrschten – sie alle unterstehen dem Gehirn, das letztlich der Präsident des Körpers ist –, nach und nach eine Versammlung unserer inneren Welten, komplex, vielfältig und mit kollektiven Entscheidungsträgern.

Die letzten Arbeiten der Künstlerin Katharina Kemmerling führen uns dieses Formenuniversum vor Augen. In der Ausstellung begegnen wir drei Wandteppichen und drei keramischen Arbeiten, die bis auf eine Ausnahme alle völlig neu sind. Die Wandteppiche sind das Ergebnis ihrer künstlerischen, formalen und materiellen Recherche zu den inneren Organen unseres Körpers. Angefangen hat alles während des ersten Lockdowns. Da sie keinen Zugang zur Werkstatt unseres Instituts (Institut Kunst, HGK, Basel) hatte, begann sie, die Organe zu weben, über die alle Medien sprachen. Covid-19 ist ein Virus und der Virus "greift" die Organe an. Uy! Es ist wirklich traurig zu hören, wie die Organe bei der Bekämpfung des Virus "versagen" und der Körper nichts dagegen tun kann. Sie begann sich dafür zu interessieren, mehr über diese Organe zu erfahren und stellte sie und die komplizierte Art, wie sie miteinander verbunden sind, in ihren Wandteppichen dar. Die Wissenschaft verband sich mit der altmodischen und sehr beruhigenden Übung des Strickens, und ihre Hände – wie die eines Klaviervirtuosen – wollten sich mit diesen inneren Sinnen verbinden. Und die Skulpturen? Die Skulpturen spiegeln die Abstraktheit dieser Organe wider, indem sie sich auf die große Magellansche Wolke beziehen. Ich weiß! Wie oft wünschen wir uns in diesen Tagen eine Flucht und eine Welt aus Licht und Sternen, in der wir um das Licht herumschweben und uns ohne Masken sogar gegenseitig umarmen. Ja, alle da draußen, zusammen trinkend, lachend, in der Unermesslichkeit eines Raumes, in dem es keine Viren gibt... Nun, das ist nur ein inneres Bild, aber geben Sie zu, dass der Raum ein wildes Szenario bietet, um uns als Partypartikel vorzustellen, die ewigen Spaß haben.

Chus Martínez, 2021

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Press
Im Gespräch mit Katharina Kemmerling

by Aline Lusser, kunstkunstkunst*

Freitagnachmittag, 15:05 Uhr. Fast pünktlich treffe ich im Atelier der jungen Künstlerin Katharina Kemmerling ein. Sie hat eingewilligt mit mir das erste Interview im Rahmen von kunstkunstkunst zu machen. Mit Bier ausgestattet steige ich die Stufen hoch zu ihren Räumlichkeiten. Bevor wir aber mit dem Gespräch loslegen, ein paar Worte zu Katharinas Kunst.

Ihre gegenwärtige Kunstpraxis ist inspiriert durch aktuelle Geschehnisse, die im direkten Zusammenhang mit der Coronapandemie stehen. Obschon sie seit jeher eine Faszination für die biologischen Zusammenhänge des menschlichen Körpers hat, regt sie die Pandemie dazu an, sich differenzierter mit unserem Körper auseinanderzusetzen, der von aussen bedroht wird. Dabei geht die Schärfung des eigenen Bewusstseins einher mit einer Reise ins Innere seiner Selbst.

Exemplarisch steht dafür ihr Kunstwerk «Tanker». Als ich das Werk persönlich sah, kribbelte es in meinen Fingern. Ohne genau zu wissen weshalb, hatte ich den reflexartigen Drang das Kunstwerk anzufassen. Liegt es womöglich an der Beschaffenheit der Oberfläche? Sehr wahrscheinlich. Vor mir breitete sich eine Collage stofflicher Fragmenten aus, die in ihrer Ausarbeitung nicht unterschiedlicher sein könnten. Eine grobmaschig gehäkelte Textile liegt neben einer Feinmaschigen, ein Bündel loser Fäden ragt da und dort heraus, und dann dieses glänzende feste Etwas, das an ein Gehirn erinnert. Nicht zu vergessen die Tatsache: das Kunstwerk ist kunterbunt und je länger man es betrachtet, desto mehr meint man anatomische Elemente zu erkennen. Das erwähnte Gehirn liegt neben menschlichen Gedärmen, da sind Blutgefässe und vielleicht eine rosa Lunge? Und ist das nicht ein Augapfel, der mich aus dem unteren Bereich anblickt?

A: Starten wir mal mit einer ganz simplen Frage: Wie stehst du zu Interview‘s im Allgemeinen? Wie oft hast du schon eines geführt?

K: „lacht“.

A: Nein ich meine es ernst. Dieses Gespräch ist das erste, dass ich im Rahmen unseres Projektes führe. Ich bin ziemlich nervös, obwohl wir uns ja schon ein bisschen kennen. Daher versuch ich das nun ganz „cool“ anzugehen. („lacht selbst“)

K: Nun, Interview‘s habe ich einerseits im Rahmen meines Masterabschluss gegeben. Im Vorfeld haben wir aber dazu einen Fragekatalog bekommen und wir konnten uns Gedanken machen, entsprechend war ich vorbereitet. Die anderen Interviews waren sonst recht spontan. Zum Beispiel wurde ich von einer Zeitung angerufen, die mich direkt am Telefon interviewen wollten. Ich kam gerade aus der Arbeit und war total kaputt – war recht lustig.

A: Da wäre ich auch ziemlich überrumpelt, da hast du’s hier mit mir ja ganz gemütlich.

Anmerkung: Wir sitzen bei Sonnenschein auf der Terrasse vor Katharinas Atelier bei Bier und Apfelwein.

A: Wie fühlst du dich aber in solchen Gesprächen? Ich meine, viele Künstler*innen mögen es nicht in der Öffentlichkeit zu stehen und ziehen sich lieber zurück.

K: Grundsätzlich mag ich keine Prüfungssituation daraus machen. Keine Bewertung sollte erfolgen, dass ich mich rechtfertigen muss, das finde ich nicht sehr konstruktiv. Zudem ist es mir wichtig nicht als Person berühmt zu werden – meine Kunst steht im Fokus. Ich gebe gerne Infos darüber, aber ich möchte nicht zu einer Kunstfigur werden.

A: Eine Frage, die ich mir letztens durch den Kopf ging: Wenn du ein Kunstwerk von jemandem siehst, du bist super begeistert davon, lernst dann aber den/die Künstler*in dahinter kennen und die Person ist dir total unsympathisch, was passiert da in dir? Wie stark verändert das deinen ersten Eindruck, vor allem in Anbetracht, dass du selbst Künstlerin bist?

K: Ja, diese Situationen gibt es schon oft. Ich weiss auch nicht, woran es konkret liegt. Eine Möglichkeit ist, dass viel ausgeblendet wird, also die Kunstfigur mehr funktioniert als die Kunst selbst und daraus sich das Interesse ableitet. Hier denke ich muss man zu unterscheiden lernen, was ist die Person, was ist deren Kunst. Je nachdem funktioniert es zusammen oder eben nicht. Da beginne ich mir schon auch differenzierte Fragen zu stellen, also wie entsprechende Künstler*innen z.B sozialisiert sind, wie hat das Umfeld sie geprägt und beeinflusst, was ja wiederum ihre Wahrnehmung der Kunst bedingt.

A: Aber ist das nicht trotzdem ein Widerspruch? Wenn du doch die Person super spannend findest, das was sie denkt/macht/fühlt sollte sich doch dann auch in ihrer Kunst widerspiegeln.

K: Ja, aber ich glaube nicht, dass man das so gleichsetzen darf. Nur weil man eine Person interessant findet, heisst das nicht im Umkehrschluss, dass dir der ästhetische Ausdruck zusagt oder umgekehrt, dass wenn dir die Kunst gefällt, dir die Person sympathisch ist.

A: Vielleicht habe ich da einfach die Vorstellung, dass Kunst ganz aus deinem Inneren herauskommt, etwas sehr Intimes ist und deswegen auch deinen Charakter kennzeichnet.
Jedenfalls, wenn wir über Kunst-machen sprechen, hast du mal gesagt, dass du gerade Kunst machst, da du darin ein Mittel gefunden hast, all deine vielen Interessen auszudrücken. Kannst du das noch differenzieren?

K: Ich meine, ich hätte viele Berufe wählen können, zum Beispiel habe ich mich ja sehr für‘s Game Design interessiert. Aber so kann ich an allem teilhaben. Zum Beispiel das neue Projekt in Wien im kommenden Sommer, wo ich mich mit Kunst und Wissenschaft gleichzeitig auseinandersetzen darf. Als Künstlerin kann ich in die Forschung, ohne mich als Virologin zu definieren und unabhängig davon, mich auch parallel mit der Gesellschaftsphilosophie auseinandersetzen.

A: Es gibt dir natürlich sehr viel mehr Freiraum. Aber führt dies nicht dazu, dass du eine Blockade hast, dir die Kreativität ausgeht?

K: Diesen Stress hat man immer, obwohl er bei mir bisher noch nicht eingetreten ist („lacht“). Aber klar, der psychische Stress ist da. Auch diesen Wertungsstress, dem du konstant ausgesetzt bist, also ob deine Werke gut ankommen oder nicht, ist sehr belastend.
Aber andererseits kann das sehr produktiv sein. Wenn ich bisschen ausholen darf: Stress gehört bei der Realisierung von Ausstellungen einfach dazu. Auch wenn ich danach dieses Post-Exhibition Syndrom habe, am Ende total ausgelaugt bin, bin ich nicht gelähmt. Vor allem wenn es eine wirklich erfolgreiche Ausstellung war. Trotz des ganzen Drucks und der Belastung bringt mich das weiter. Eine gute Ausstellung ist für mich eine, wenn ich danach weiss, woran ich weiterarbeiten kann.

A: Ja, dieses Gefühl von Leere kenne ich, aber in einem ziemlich weitentfernten Zusammenhang („lacht bisschen sehr laut“.) Zum Beispiel, wenn du eine Serie zu Ende geschaut hast, die du ziemlich gesuchtet hast in kürzester Zeit. Hier entsteht ja auch dieses Empfinden. Was machst du nun, wie geht dein Leben weiter?!?

Weitere Anmerkung: Wir sind nun von Bier zu Katharinas vorzüglichem Apfelwein übergegangen und verkosten das leicht alkoholische Getränk, wie richtige Weinkennerinnen. Man denke nur an die Schmatz- und Gurgelgeräusche, die wir von uns geben. Jedenfalls.

A: Aber wie gehst du mit Kritik um?

K: Nun, wenn sie konstruktiv und angebracht ist, führt mich das weiter. Diskurse sind per se nicht schlecht. Das ist sogar besser als falsche Freundlichkeit. Ich denke, wenn man weiss, was man will, kann man gut mit Kritik umgehen, man kann auf die Gegenargumentation eingehen. Eine klare Verortung in meiner Kunstpraxis hilft mehr sehr im eigenen Prozess. Wenn man sich selbst nicht positionieren kann, wenn man nicht weiss, welche Themen die eigene Kunst diskutiert bzw. nicht diskutiert, dann ist Kritik schwierig und man beginnt sich selbst in Frage zu stellen.

A: Sprechen wir mal noch über deine konkrete künstlerische Praxis, wie geht’s du vor?

K: Eine fast schon wissenschaftliche Recherchearbeit ist schon sehr charakteristisch für mich. Zuerst findet immer ein starker Wissens-Input statt, bevor ich mich entscheide es am entsprechenden Material auszuprobieren. In der praktischen Umsetzung dann merke ich sofort, ob meine Vorstellungen mit dem Material kompatibel sind. Zum Beispiel bei meinem nächsten Projekt möchte ich Erde und Blätter mit einer Art Kleber konservieren, aber alle meine ersten fünf Versuche haben nicht geklappt und jetzt muss ichweitersuchen und vielleicht auch nochmals ganz anders denken.

A: Arbeitest du mit einem Bild im Kopf?

K: Ich habe eine genaue Vorstellung darüber wie‘s entstehen soll, die aber nicht fix ist. Ich bin aber keine Konzeptkünstlerin in dieser Hinsicht, ich könnte mir nicht vorstellen meine Arbeit abzugeben.

A: Damit meinst du, es ist für dich essential am gesamten Prozess dabei zu sein?

K: Ja, gerade aus dem Try-and-Error lerne ich sehr viel. Die Erkenntnisse, die ich dann bei meinen ersten Versuchen bekomme, sind enorm wichtig, das gesamte ästhetische Bild könnte sich ja ändern. Nehmen wir das Kleberbeispiel. Wenn ich es nicht selbst erfahre, woher weiss ich dann, wie er sich genau mit den Naturalien verhält. Bekomme ich vielleicht eine Zwischenform, die ich dann auch wiederverwenden könnte? Wenn ich beim Findungsprozess nicht dabei gewesen wäre, hätte ich das ja gar nicht mitbekommen.

A: Letzte Frage, die durch den Kurator Hans Ulrich Obrist inspiriert ist: Was ist dein unrealisiertes Projekt?

K: («Wie aus der Kanone geschossen») Eine Installation die alles umfasst, also Sound, Stoff skulpturale Formen, Video und Animationen. Thematisch würde ich mich wiederrum mit dem Körperinnern auseinandersetzen. Sprich, die Rauminstallation könnte auch begehbar sein und eine direkte Interaktion anbieten. Ich stelle mir ein Spiel mit realen Animationsprojektionen vor und 3D. Zudem wäre der gesamte Raum an verschiedenen Stellen mit «Geräten» versehen, die an Töne des Körperinnern erinnern.

A: Tönt fantastisch, schauen wir was die Zukunft bringt!

*read original kunstkunstkunst article, 11 March 2021

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Press
Ein Blick aufs Innere der Menschen

by Roswitha Frey, Badische Zeitung*

Die Künstlerin Katharina Kemmerling aus Bad Säckingen drückt auf abstrakte Art das Innenleben eines Körpers aus

BAD SÄCKINGEN. Für die junge Künstlerin Katharina Kemmerling aus Bad Säckingen war das Corona-Jahr eine große Herausforderung. Doch sie hat in der Krise auch eine kreative Chance gesehen. Trotz der schwierigen Umstände konnte sie im vergangenen August ihren Master-Abschluss in freier Kunst an der Hochschule für Kunst und Gestaltung
in Basel machen.

Nun hat sie es sogar geschafft, ihre zweite Ausstellung in der Basler Galerie Nicolas Krupp aufzubauen, die bis 6.März dauert und aufgrund der Lage nur nach Anmeldung von Einzelpersonen besichtigt werden kann. In einer Rauminstallation mit drei großen Wandteppichen und drei keramischen Objekten greift die 34-Jährige das Thema Corona auf spezielle Weise auf. Sie entwirft in verschiedenen Materialien ein Universuman Formen, diemit Organen und Zellen zu tun haben. Auf experimentelle und abstrakte Art drückt Katharina Kemmerling das Innenleben eines Körpers aus.

Dass sich die Künstlerin dem Material Textil zugewandt hat, ist „aus der Not geboren“, wie sie erzählt.Während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020, als die Grenzen geschlossen waren, konnte sie nicht wie gewohnt in der Werkstatt der Hochschule an ihren großen Keramikobjekten arbeiten. Nur Online-Studium war möglich. Daraufhin plante Katharina Kemmerling für ihre Master-Arbeit um. Sie gestaltete einen Wandteppich aus textilen Materialien, in den sie kleine keramische Objekte eingewoben hat. Dieses textile Schaffen bildet auch die Basis für die neue Installation in der Galerie Krupp. Der Galerist habe ihre Master-Arbeit im Sommer in der Ausstellung im Kunsthaus Baselland gesehen und sei beeindruckt gewesen. Daraufhin habe er sie eingeladen, bei ihmauszustellen.

Unter den Einschränkungen und sich verschärfenden Regeln an den Objekten zu arbeiten, war für die Künstlerin in den vergangenen Wochen und Monaten schwierig.Wegen der geschlossenen Baumärkte kam sie nicht so einfach an benötigte Sachen heran, die sie zum Aufbauen und Hängen der Stücke braucht. Die Textilarbeiten konnte sie nicht im Atelier in Basel anfertigen, in dem sie ihre keramischen Objekte herstellt, „weil der Staub den Textilarbeiten zusetzt“. So entstanden die Wandteppiche in Kemmerlings Wohnung in Bad Säckingen. Zugute kam ihr, dass ihre Tante inWehr einWoll- und Handarbeits-Geschäft führt und ihr mit textilem Material aushelfen konnte.

Für die Wandteppiche hat sie verschiedene Werkstoffe von Schurwolle über Seidenfäden und groben Fäden bis zu Latex benutzt. Diese Teile hat sie in Handtechniken wie Weben, Knüpfen, Häkeln und Perlenstickerei zusammengenäht. „Ich hatte die Zeit, mir intensiv ein neuesMaterial anzueignen“, begreift es Kemmerling als Chance, in der Krise neue künstlerische Wege zu finden.

Den verstörenden Bildern des Virus, mit denen die Menschen seit fast einem Jahr konfrontiert sind, setzt Katharina Kemmerling in ihren künstlerischen Arbeiten einen „ganz anderen Blick“ auf das Innere des Menschen entgegen. In den Wandteppichen stellt sie das eng verwobene Zusammenspiel der Organe und das Zell-Geschehen im Körper dar und zeigt ,wie komplex diesemiteinander verbunden sind. „Ein Körper voller Leben, der wie ein Raumschiff über der Erde schwebt“, vergleicht sie es. Ihre keramischen Skulpturen, die mit Autolack überzogen sind, „spiegeln die Abstraktheit der Organe wider“, schreibt Kemmerlings frühere Professorin Chus Martinez im Begleittext zur Ausstellung.

Seit Abschluss ihres Masterstudiums kann Katharina Kemmerling im Bildhaueratelier ihres ehemaligen Lehrers Matthias Frey in Baselmit arbeiten.Das ist für die freischaffende Künstlerin eine gute Übergangslösung. Doch ihr Ziel ist es, in ihrer Heimatstadt Bad Säckingen einen Atelierraum zu finden: „Es wäre schön, hier ein Standbein zu haben.“

*read original Badische Zeitung article, 1 February 2021

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