- Dates29 August 2025 - 1 November 2025
- Opening receptionThursday, 28 August 2025, 5:00 pm - 8:00 pm
- Artists
- Special hours
During Kunsttage Basel:
Friday, 29 August 2025, 11 am – 6 pm
Saturday, 30 August 2025, 11 am – 6 pm
Sunday, 31 August 2025, 11 am – 6 pm
Wir sprechen hier ja von dem Problem der Spannung. Wir könnten sagen: das ist das zentrale ontologische Missverständnis. Nehmen wir zum Beispiel den Rechen. Ein triviales Gartengerät, ja, aber zugleich eine Art proto-landschaftsmalerisches Instrument. Gilles (Deleuze) spricht vom Diagramm als einer chaotischen Matrix, die die Malerei vor der Falle der Interpretation rettet. Aber sobald wir mit den Zinken des Rechens über das Diagramm fahren, geschieht etwas Absurdes: die gerade, ordnende Bewegung des Rechens erzeugt auf dem fertigen Diagram erst das eigentliche Chaos. Ordnung ist die Mutter der Katastrophe.
Und ist Malen nicht genau das? Also so wie Schach spielen? Ich erinnere mich, wie wir Tinas Bären abholen wollten, und sie musste erst eine Partie Blitzschach beenden. Jeder Zug eine Katastrophe, also in der Malerei meine ich. Nicht bei Tinas Schachspiel, sie hatte die Partie im Griff. Unendliche Möglichkeiten, und gerade deshalb bedeutet jede einzelne Bewegung, dass das bereits Gesehene in ein neues Licht, eine neue Bedeutung gestürzt wird. Ein Motiv macht es schon mal einfacher anzufangen, aber was wenn es nie mehr aufhört?
Nach Roman’s Beschreibung navigiert sich Anastasia durch diese unendliche Spannung in einem streng organisierten Informell. Ihre transparenten, langsam erarbeiteten Bilder retteten sich auf die materielle Seite der Malerei.
Wenn jetzt aber das Immaterielle eingefangen werden muss, um sozusagen eine reale Atmosphäre wie bei Lin zu erschaffen - ein paar Geister, akribisch festgehalten auf einem Bildträger - dann wird die aufgetragene Farbe wieder zum Bildraum in dem Material und Illusion über die Bedeutungshoheit streiten.
Aber was ist „Malerei“ überhaupt für ein entsetzlicher Begriff. Ein Pinsel (im Grunde ein Büschel Haare), den man in Flüssigkeit taucht. Warum nicht gleich einen Finger? Oder, besser: den Rechen oder ein Diagram selbst in Farbe eintauchen? Und wenn die Leinwand krumm ist, sich in die dritte Dimension wölbt, ja, wie konstruieren wir dann überhaupt noch einen halbwegs sinnvollen Bildraum? Simone’s Arbeiten sind da schon einen Schritt voraus und spazieren fröhlich – mit ihrer eigenen Materialität beschäftigt – durch die Galerie.
Die Pointe ist ja: Alles reduziert sich auf Licht. Es ist nicht „Malerei“, es ist nichts als reflektiertes Licht. Die Neonröhre wirft es aufs Bild, das Bild wirft es zurück in unsere Augen. Warum also nicht gleich wie Chloé die Neonröhre verbiegen, oder elegant verschränken, und die Spannung direkt im Glas einmachen?
Spannung ist aber nicht einfach physikalisch. Spannung ist Erwartung. Erinnern wir uns: wir beginnen alle in einem Bauch. Plötzlich drückt jemand von außen einen Finger dagegen. Innen, als Fötus, erleben wir diese groteske Beule als kosmisches, nie dagewesenes Ereignis: „Meine Güte, was ist denn das?!“ Und dann ist die Beule plötzlich wieder weg. Wir atmen erleichtert auf, aber sofort vermissen wir sie und können nur noch darauf warten, dass sie wieder kommt. Voilà, das ist der Ursprung der Spannung. Da gibt es kein Zurück mehr.
Ich habe sogar versucht, ein völlig spannungsloses Bild zu malen. Nicht einmal aufgespannt, einfach so, ein Lappen an der Wand. Aber natürlich, genau darin liegt ja die Falle! Je spannungsloser das Bild, desto gespannter war ich selbst: Wann male ich endlich mal wieder etwas wirklich Interessantes?
Und genau hier kommen die Kartoffeln ins Spiel. Sie schlummern in der Erde, entspannt, unscheinbar, sehen ganz knuffig aus, ganz ohne sichtbare Ambitionen. Aber unterirdisch bereiten sie wahrscheinlich schon die nächste große Revolution vor.
Jacob Ott, August 2025
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The Dream Relatives
Tina Braegger2025Oil on canvas
200 x 90 x 4 cm -
TAFAA - PALANTIR (ACID RAVE)
Chloé Delarue2022Blown glass, neon, resin
ca. 230 × 60 × 60 cm -
Same Old Fears
Tina Braegger2025Oil on canvas
200 x 95 x 4 cm -
Palpation
Simone Holliger2025Paper, glue, epoxy, acrylic ink, metal
116 x 76 x 54 cm
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Wiese
Anastasia Pavlou2024Oil, water, gesso on canvas
200 x 200 cm -
Watching neighbours from a zero-gravity room
Lin Olschowka2025Pencil and watercolour on paper
20 × 29,5 cm
27.5 × 37.5 × 2.7 cm (framed) -
Curated by
Lin Olschowka2025Acrylic on chalk on wood
28,5 x 41 cm -
Unfolding
Simone Holliger2025Paper, glue, epoxy resin, polyeruthan and acrylic ink
158 x 80 x 57 cm
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