Museum exhibition

Simone Holliger: Wasting My Breath

Musée des Beaux-Arts, La Chaux-de-Fonds, Switzerland
19 June - 16 October 2022

Simone Holliger draws, sculpts and assembles volumes to generate bas-reliefs and sculptures in the round, like large figures that she places directly on the floor. She takes inspiration from the formal vocabulary of 20th century avant-garde sculpture to develop geometric and organic forms. Holliger adopts an uninhibited approach to the medium and uses flimsy materials, often paper suggestive of crumpled sheet metal, as well as foam, SAGEX and plaster.

In the exhibition space, the abstract shapes become architectural and anthropomorphic figures. Two sculptures coexist, at the same time independent and yet linked by a sinuous bond. The installation evokes the intimate question of the couple: what space is there for oneself, what is the relationship to the other, what belongs to us? She overturns the socially standardised representations of it as an ideal and considers what is perceived, accepted or obligatory. The interaction and the distance between the objects carve out an empty space, a mix of interior and exterior, an architectural depth that plays with ambiguities.

Though her large-scale works suggest a solidity and a very mineral-like density, they are only simulacra made of fragile materials: the two figures are like facade monoliths, imitation colossi recalling the ones used in processions and carnivals. They become concretions that question all the pretence in our private lives.

Simone Holliger was born in 1986 in Aarau. She lives and works in Basel.

The exhibition was supported by the Nestlé Foundation for the Arts, the Kanton Basel Stadt Kultur and the Pro Helvetia Foundatio

Curators: Marie Gaitzsch, David Lemaire

For more information please visit Musée des Beaux-Arts.

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Press
Simone Holliger

by Katharina Holderegger, Kunstbulletin*

La Chaux-de-Fonds — Die Treppenanlage des Museums im Art-Déco-Stil ist oft für eine Überraschung gut. Zurzeit fällt der Blick zwischen den Handläufen und den diese krönenden Skulpturen – zwei Widder aus Granit – auf ein noch verblüffenderes Biest, das den sonst ausgeräumten Oberlichtsaal besetzt. Schon von Weitem fasziniert einen die differenzierte Behandlung der Volumina bis und mit der Textur. Doch erst beim Umschreiten erkennt man aus der Nähe, dass dieser Eindruck der purpurfarbenen Lasierung der Styroporstücke geschuldet ist. Und man realisiert, dass sich in dieser Freiplastik zwei Wesen verbergen, von denen das eine durch zwei mysteriöse Kegel markiert ist. Giftgrün ist der grössere, hellgrau der kleinere lackiert. Die Standflächen des Skulpturenpaars sind klar geschieden, ja driften durch die unteren Glieder sogar weit auseinander, während die oberen wie auf der Suche nach einer Verbindung erscheinen, die ihnen frischen Schwung verleiht. Zwischen ihnen entfaltet sich ein impulsiver, erotischer Tanz, der daran erinnern mag, wie physisch und intensiv das traditionelle skulpturale Schaffen ist. Man vergisst schier, dass das Ganze eigentlich stillsteht.

Simone Holliger (*1986, Aarau) knüpft im Rahmen ihrer Carte blanche im MBAC an ihre Plastiken aus stegartig verbundenen sowie nicht selten auch noch malerisch bearbeiteten Papierbahnen an, mit denen sie die Elastizität der menschlichen und tierischen Figur, aber etwa auch der Architektur in den Avantgarden des früheren 20. Jahrhunderts neu zu ergründen begann. Sie stiess damit auf grosse Anerkennung, wagt hier jedoch den Schritt in eine neue Technik. Simone Holliger ist mit diesen Werken erstmals mithilfe einer Equipe nach einem kleinen Modell ins Grossformat und in solide Masse vorgedrungen und hat für das Motiv eher abgerundete Formen hervorgebracht. Die Künstlerin will die Frage von Fülle und Leere auch einmal umgekehrt und brachialer angehen sowie Materialien und Methoden testen, die monumentalere Werke erlauben. Trotz ihrer zahlreichen skulpturalen Arbeiten aus Karton will sie nicht auf delikate Papierwerke fixiert werden. Vielmehr will sie sich möglichst umfassende gestalterische Freiräume wahren. Diese haben ihr Andocken an die Plastik der klassischen Moderne wesentlich bedingt.

*read original Kunstbulletin article, September 2022

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